Macht ein Coming-Out glücklich?

Viele Schwule outen sich heutzutage sehr früh – schließlich leben wir in Deutschland in einer „aufgeklärten und freien“ Welt. Dennoch gibt es trotz allem auch heute noch Männer, die sich nicht oder sehr spät outen. Die Gründe dafür sind so vielseitig wie schwule Männer es auch sind.

Viele Prominente, die sich outen, werden gefeiert. Solche Geschichten hört das Volk gerne und den Karrieren schadet es auch nicht. Die Realität sieht für viele Schwule oft anders aus. Im Management der Wirtschaft ist das Thema tabu – beim Fußball sowieso. Auf den Schulen werden auch heute noch bzw. wieder verstärk Schüler und Lehrer diskriminiert, wenn sie sich als schwul outen. Das gleiche gilt für den Arbeitsplatz – das Risiko für Diskriminierung ist trotz aller Aufgeklärtheit nach wie vor hoch.

 

 

Viele Faktoren beeinflussen das Coming-Out: Freunde, Familie, Kollegen, sowie religiöse Gemeinschaften. Dennoch: Ein Coming-Out trägt zum Wohlbefinden und zur psychischen Gesundheit bei. Selbst wenn ein Coming-Out Stress bedeutet, ist das Leben danach freier. Freiheit macht glücklich und zufrieden und das steigert wiederum das Wohlbefinden, welches die psychische Gesundheit fördert. Ein Coming-Out ist ein wichtiger Bestandteil bei der Entwicklung der sexuellen Identität von schwulen Männern, sie können dadurch ein deutlich besseres und authentisches Selbstwertgefühl entwickeln.

Leider ist es heute noch so, dass viele Schwule ihre sexuelle Orientierung oder einen Partner verheimlichen. Das bringt enormen psychischen Stress und viel Leid mit sich. Oft spielen diese ungeouteten Männer wegen des Leidensdrucks aufgrund des ewigen Versteckspielens sogar mit Selbstmordgedanken. Sie nehmen lieber diesen Stress auf sich und verheimlichen ihre Sexualität, um sich vor Diskriminierung zu schützen, aber auch aus Angst um den Arbeitsplatz.

 

Um sich wohl zu fühlen bzw. um glücklich zu sein, muss ein schwuler Mann sich nicht überall outen. Bei Menschen, die einem persönlich wichtig sind, wie Familie, Freunde, Arbeitskollegen kann ein Coming-out sehr befreiend sein. Die Angst vor dem Entdecktwerden fällt ab, das Leben ist lebenswerter und das macht glücklich.

 

 

Norbert

 

 

Erstellt im Januar 2018


Spätes Coming-out: Wozu rechtfertigen?

Lange ringen viele ältere Schwule mit sich, bevor sie sich vor Freunden und in der Familie outen. Doch auch im Seniorenalter macht es Sinn zu sich selbst zustehen. Manchmal ist es sogar besser, bevor man den Sohn oder die Tochter einweiht, erst die Enkel einzuweihen.

 

Bis sich ältere Schwule in der Familie zu ihren Veranlagungen bekennen braucht es manchmal viele Jahre. Doch egal, in welchem Alter man sein Coming-Out hat, es macht auch im Alter Sinn. Mit sich im Einklang leben zu können, ist für viele ein befreiendes Gefühl. Rechtfertigen, warum sie dafür so lange gebraucht haben, sollten sich homosexuelle ältere Männer aber nicht. Am besten ist es, ehrlich zu sagen: "Ich war noch nicht so weit". Das stößt fast immer auf Verständnis.

 

Eine bestimmte Reihenfolge mit seinem Selbst-Coming-Out in der Familie muss man nicht einhalten – von diesem Druck sollte man sich freimachen. Es sei erlaubt und manchmal sogar besser, sich erst dem Enkel statt dem Sohn anzuvertrauen – je nachdem, wie eng das Vertrauensverhältnis ist. Vielleicht ergibt sich dann die Möglichkeit, dass der Enkel als Brückenbauer fungiert und beim Gespräch zwischen dem schwulen Großvater und den Eltern vermittelt.

 

 

Norbert

 

 

Erstellt im Januar 2017


Im Alter finden Schwule schwerer Anschluss

Coming-Out im Alter

 

Ein Klischee vor allem in Großstädten: Sie sind jung, hipp, gutaussehend . . . und schwul. Doch im Alter ist das Schwulsein meist weniger verrückt und bunt. Ein spätes Coming-Out mit 50 / 60 Jahren ist nicht einfach. Ich erlebe es immer wieder, wenn ein Mann das Gespräch mit mir sucht: Es ist ein schwerer Schritt. Es ist das Gefühl, ein Leben lang mit einer Lüge gelebt zu haben. Und nun, wo die Jahre immer weniger werden, steht die Entscheidung, endlich damit Schluss zu machen, ehrlich zu sein. So geht es vielen Männern, die sich erst im Alter zu ihrer Homosexualität bekennen. Dieser Schritt fällt oft nicht so leicht wie in jungen Jahren - vor allem, wenn es eine Familie und Kinder gibt. 

 

 

Viele der Männer sind sich ihrer Homosexualität schon lange bewusst. Deshalb hat ein spätes Coming-Out meistens nichts damit zu tun, dass ein Mann seine wahre Sexualität erst spät erkennt. In der Regel ist die eigene Homosexualität schon früh bekannt, und es gibt über Jahre ein Doppelleben mit Ehe und Familie. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Männer selber. Oft hat es aber damit zu tun, dass im Elternhaus und in der Gesellschaft Schwulsein nicht toleriert und akzeptiert wird. Das war vor allem in früheren Zeiten so, aber auch in der heutigen Zeit sind Intoleranz und Diskriminierung noch vorhanden. Dafür sorgt auch eine zunehmend rechtsgerichtete Gesellschaft, die sogar vor Gewalt nicht zurückschreckt.

Ein Outing wirft große Fragen auf: Wie sage ich es meiner Ehefrau / Lebensgefährtin? Wie den Kindern? Und dem Freundeskreis? Auch wenn manche nach der Trennung sich mit ihrer Partnerin gut arrangiert haben, so ist die Scheidung schwierig. Frauen, die ein sehr traditionelles Rollenbild gelebt haben, fallen besonders unsanft aus dieser Rolle heraus. 

Für die Betroffenen folgt auf den großen Befreiungsschlag daher häufig erst einmal eine Enttäuschung. Viele ältere Männer wissen nicht, in welche Welt sie kommen, weil sie diese nur aus der Sicht des Versteckten kennen. Es werden die bunten CSD-Umzüge und die schwulen Kneipen gesehen, aber das ist nicht der Alltag, was auf Männer in ihrem Alter zukommt.

 

Auch für den, der schon länger offen homosexuell gelebt hat, ist das Altwerden oft schwierig. Als junger schwuler Mann findet man ganz schnell Anschluss. Da gibt es ein Schönheitsideal, der Kontakt bahnt sich über die Sexualität an. Im Alter fällt das weg. 

 

Wichtig ist hier den Kontakt zu Gleichgesinnten zu suchen. Das ist oft der einzige Weg gegen die Einsamkeit im Alter. In vielen größeren Städten gibt es Gay-and-Grey-Gruppen sowie Gruppen wie Schule über 50. Es ist sicher gut, solche Angebote für Schwule zu nutzen. Man kann anrufen und vorbeigehen. Es gibt Männer, die dann wieder richtig aufblühen. Auch in unserer Gruppe ANS ANDERE UFER ?! ist jeder willkommen.

 

 

Norbert

 

 

Erstellt im Oktober 2016


Probleme mit dem späten Coming-Out

Es sieht so aus, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten ein Coming-Out als Homosexueller immer leichter geworden ist: In vielen deutschen Städten gibt es Coming-Out-Gruppen – sei es für Jugendliche oder junge Erwachsene. In den Medien sind Coming-Out-Geschichten längst nicht mehr ein so großes Tabu wie noch vor 20 Jahren. Im Gegenteil, manchmal hat man den Eindruck, dass es chic ist sich zu outen. Wer denkt aber bei einem Coming-Out an Erwachsene, die in einer langjährigen heterosexuellen Beziehung oder Familie leben? Gibt es überhaupt Unterschiede zwischen einem späten und einem frühen Coming-Out?





Dazu schreibt Ilka Borchardt,

Leiterin des LSVD-Projekts

„Homosexualität und Familien“:

„Was die Gefühle der Betroffenen betrifft, finden sich wenige Unterschiede. Ob man als Teenager und junger erwachsener Mensch seine Liebe zum gleichen Geschlecht entdeckt oder ein spätes Coming-Out durchlebt — ein Coming-Out ist in den allermeisten Fällen ein Prozess, der phasenweise verläuft. Der entscheidende Unterschied zwischen einem späten und einem jugendlichen Coming-Out besteht in den Lebensumständen: Das späte Coming-Out betrifft Frauen und Männer, die über Jahre das eigene Leben nach dem Bild der Heterosexualität ausgerichtet haben, viele sind verheiratet, haben Kinder und ein lange gewachsenes heterosexuelles Umfeld. Hier verunsichert ein homosexuelles Coming-Out nicht mehr nur Selbstverständliches, sondern es „kommt einem Erdbeben gleich. Kein Stein bleibt mehr auf dem anderen, alles muss neu sortiert, mühsam neu aufgebaut werden“ wie es Helga Boschitz in dem Buch ‚Es fühlt sich endlich richtig an! Erfahrungen mit dem Späten Coming-Out’ schreibt. Von dem Erdbeben sind nicht nur die Spätgeouteten betroffen. Beraterinnen und Berater, Psychologinnen und Psychologen berichten, dass nahestehende Menschen wie Partnerinnen und Partner, Kinder, Freundinnen und Freunde zumindest verunsichert sind, viele sich verletzt fühlen oder gar zurückziehen.

 

Oftmals ist es die Angst, Angehörige zu enttäuschen, zu verletzen und zu verlieren, die die betroffenen Menschen über Jahre oder Jahrzehnte davon abhält, sich zu outen. Auch die eigene Sozialisation mit Vorurteilen über Homosexuelle, über Homosexualität als Krankheit oder Sünde, als eine vergängliche Phase, und die Sozialisation mit Erwartungen, dass nur heterosexuelles Leben normal sei, sind Gründe dafür. Selbst wenn die Betroffenen es bereits selbst lange ahnen oder wissen, gründen viele eine heterosexuelle Familie.


Wie viele homosexuelle Menschen in heterosexuellen Beziehungen leben, ist unklar. Dazu gibt es weder zuverlässige Zahlen, noch sind Schätzungen möglich. Wenn man die Schwierigkeiten eines Coming-Out an sich bedenkt und dann noch die Problemlagen eines späten Coming-Out beachtet, ist dies nicht verwunderlich. Betroffene stehen vor der Frage ‚Offenheit oder Doppelleben?’ Offenheit birgt die Gefahr, alles zu verlieren und die Konsequenzen nicht aushalten zu können. Ein Doppelleben aber verschleißt Kräfte und verursacht einen immensen Leidensdruck, der nicht zuletzt krank machen kann.“

 

In Deutschland existieren inzwischen viele Selbsthilfegruppen, die beraten bzw. versuchen zu helfen: Wie die Gruppen

ANS ANDERE UFER ?! in Bremen oder in Ostriesland die Gruppe ANNERSUM ?! 


Das Leben ist nicht nur schwarz oder weiß. Das Leben ist bunt mit all seinen Farbnuancen. Der Regenbogen ist auch dafür ein tolles Symbol und er kann nur dann entstehen, wenn es regnet und gleichzeitig die Sonne scheint. Regen und Sonne gehören zusammen, damit Leben entstehen kann und wir leben können.

 

 

Norbert

 

Erstellt im Juli 2015


Fragen über Fragen . . .

Jeder Mensch, besonders, wenn er lesbisch oder schwul ist, hat Fragen zu seiner eigenen geschlechtlichen Orientierung. In einer überwiegend heterosexuellen Gesellschaft trifft man als Homosexueller oft auf Unverständnis und Vorurteile. Wenn man sich im Coming-Out-Prozess befindet, stellt man sich oft die gleichen Fragen wie heterosexuelle Menschen über uns. Je mehr man sich mit diesen Fragen beschäftigt, desto besser ist man den Fragen seiner heterosexuellen Umwelt gewappnet.

 

Was ist Homosexualität?

Homosexualität ist die Bezeichnung für die Liebe zwischen zwei Frauen (Lesben) oder zwischen zwei Männern (Schwule), d.h. die geschlechtliche Orientierung konzentriert sich auf Menschen des eigenen Geschlechts. Wenn Menschen sich emotional, erotisch und sexuell vorwiegend von Menschen des eigenen Geschlechts angezogen fühlen, bezeichnet man sie als homosexuell. Menschen, die sich von beiden Geschlechtern angezogen fühlen werden als bisexuell bezeichnet. Die geschlechtliche Orientierung (ob hetero, homo oder bi) ist angeboren, unfreiwillig, unveränderbar und lebenslang. Jeder Mensch muss seine eigene sexuelle Orientierung für sich entdecken und annehmen. Der Anteil der Homosexuellen an der Gesamtbevölkerung liegt bei geschätzten 5 - 10%, d.h. bei vorsichtiger Schätzung gibt es in Deutschland also mindestens 4 Millionen gleichgeschlechtlich orientierter Menschen. Wir sind viele . . .

 

Ist Homosexualität normal?

Ein bedingungsloses „Ja“. Homosexuelle kommen in allen Kulturen, allen Ländern, allen Gesellschaftsschichten und allen Generationen vor. Nur durch die andere Ausrichtung ihrer geschlechtlichen Orientierung unterscheiden sie sich von der heterosexuellen Mehrheit. So gesehen ist die Frage: „Sind Schwule normal?“ ist eine genau so sinnlose Frage wie: „Sind Schwarze normal?“. Es ist doch eine Tatsache, dass es Homo- und Heterosexuelle gibt, genauso wie es Schwarze und Weiße gibt. Beide sind normal, die einen wie die anderen. Heute sind Homosexuelle in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, in Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur vertreten. Es gibt schwule Ärzte, lesbische Lehrerinnen ebenso wie schwule Handwerker und lesbische Verkäuferinnen.

 

Ist Homosexualität unnatürlich?

Ein absolutes „Nein“. Heute ist bekannt, das auch bei zahlreichen Tierarten Homosexualität vor kommt und somit ist es klar Teil dessen, was wir als Natur bezeichnen. Homosexuelle verstoßen also keineswegs gegen die Natur, wenn sie mit gleichgeschlechtlichen Partnern Beziehungen eingehen, im Gegenteil, sie handeln in Übereinstimmung mit ihrer Natur. So wie es für die einen natürlich ist, wichtige Dinge mit der linken, und nicht mit der rechten Hand auszuführen, ist es für Homosexuelle natürlich, einen Partner des eigenen und nicht des anderen Geschlechts zu suchen.

 

Ist Homosexualität vererbbar?

Direkt offensichtlich nicht, denn meistens haben Schwule und Lesben heterosexuelle Eltern und heterosexuelle Geschwister, ebenso sind ihre Kinder (sofern sie welche haben) öfter hetero- als homosexuell. Was nach wie vor ungeklärt bleibt ist die Frage, inwiefern, Homosexualität genetisch bedingt ist. Darauf gibt es bis heute keine eindeutigen, wissenschaftlich seriösen Belege. Klar ist hingegen, dass Eltern von Homosexuellen mit der Orientierung ihrer Kinder direkt nichts zu tun haben, genau so wenig wie Eltern von Heterosexuellen. Der manchmal gehörte Vorwurf, die Eltern hätten ihr Kind falsch erzogen, entbehrt jeder Grundlage.

 

Ist Homosexualität eine Krankheit?

Nein, Homosexuelle sind vollkommen physisch und psychisch gesund, sofern sie keine Krankheit haben. Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) sowie zahlreiche psychiatrische Berufsorganisationen haben Homosexualität offiziell als Krankheit von ihren Listen gestrichen. Dagegen ist zu erwähnen, dass die weitverbreitete Ablehnung, Ausgrenzung oder gar Verfolgung und die daraus resultierende Verdrängung krank machen können. Fortgesetzte Versuche, die eigene Sexualität zu unterdrücken können allerdings krank machen.

 

Kann Homosexualität geheilt werden?

Da Homosexualität keine Krankheit ist, kann sie auch nicht geheilt werden. Versuche, Homosexualität dennoch zu „heilen“ führen nicht zum gewünschten Resultat, niemand kann durch Therapieversuche „umgepolt“ werden, genau so wenig wie man einen Heterosexuellen zu einem Homosexuellen therapieren kann. Das Einzige, was man mit einer Therapie erreicht, ist die konsequente Unterdrückung der eigenen Sexualität in Form der Enthaltsamkeit. Damit sind die Betroffenen aber ihre Homosexualität nicht los, sondern es dreht sich dann alles darum, sie zu vermeiden. Homosexualität ist nach wie vor ein Grundbestandteil der Persönlichkeit und die entsprechenden Gefühle werden durch die Unterdrückung und Verdrängung nur stärker.

 

Ist Homosexualität erlernt?

Nein, sie kommt auch bei Menschen vor, die nie zuvor Kontakt mit anderen Homosexuellen hatten. Geschlechtliche Orientierung (ob hetero, homo oder bi) ist angeboren und hängt nicht von der Umgebung ab. Es gibt deshalb auch keinen Grund, sich Sorgen zu machen, dass Homosexuelle einen schlechten Einfluss auf Kinder haben könnten. Wer nicht bereits homosexuell veranlagt ist, kann auch nicht dazu verführt werden. Die meisten Homosexuellen sind in ihrer Kindheit und Jugend von einer überwältigenden heterosexuellen Mehrheit umgeben. Dennoch bleiben sie selbst auf das eigene Geschlecht orientiert.

 

Ist Homosexualität unmoralisch?

Nein. Es ist auch nicht unmoralisch, Linkshänder zu sein. Moralisch / unmoralisch können nur bestimmte Verhaltensweisen sein, nicht aber eine grundlegende Orientierung. Gegenüber Partnern des gleichen Geschlechts gibt es ebenso viele Möglichkeiten, sich moralisch und auch unmoralisch zu verhalten wie gegenüber Partnern des anderen Geschlechts. Es liegt in der Natur des Menschen, andere Menschen zu lieben. Für die meisten sind das Menschen des anderen Geschlechts, für eine Minderheit sind es Menschen des eigenen Geschlechts.

 

Sind Homosexuelle pervers, sind Schwule Knabenschänder?

Nein. Der Anteil derer, die sogenannt perverse sexuelle Praktiken bevorzugen, ist unter Homosexuellen etwa gleich groß wie unter Heterosexuellen. Ebenso verhält es sich mit dem Anteil derer, die Kinder missbrauchen: in den meisten Fälle von Kindsmissbrauch ist der Täter heterosexuell und das Opfer ein Mädchen. Der Prozentsatz der Fälle, in denen der Täter homosexuell und das Opfer ein Knabe ist, entspricht ungefähr dem Prozentsatz der Homosexuellen an der Gesamtbevölkerung.

 

Sind Schwule weibisch?

Nein, im Allgemeinen nicht. Den meisten Schwulen sieht man ihre sexuelle Orientierung nicht an. Das Klischee der weibischen Schwulen ist in erster Linie ein Konstrukt der Medien, das allerdings ein Körnchen Wahrheit enthält: Es gibt in der Tat eine kleine Minderheit von Schwulen, die sich betont weiblich und meist auch stark affektiert geben. Jeder Mensch, unabhängig von Geschlecht und der geschlechtlichen Orientierung trägt in sich sowohl „weibliche“ als auch „männliche“ Qualitäten. Da Schwule den geläufigen Vorstellungen dessen, was ein Mann ist, sowieso nicht voll entsprechen, ist es für sie einfacher, auch die weiblichen Qualitäten der eigenen Persönlichkeit zum Ausdruck kommen zu lassen.

 

Müssen Homosexuelle enthaltsam leben?

Warum? Dafür gibt es keine guten Gründe. Weil Homosexuelle ebenso normal, gesund und natürlich sind wie Heterosexuelle haben sie auch analoge Bedürfnisse und deshalb sollen für sie auch dieselben Regeln gelten. Da Homosexualität lebenslang ist, müssten Homosexuelle ja folglich ihr Leben lang enthaltsam sein. Ein derart radikaler Weg kann allerhöchstens aus freiem Willen gewählt, keinesfalls aber von außen verlangt werden.

 

 

Norbert

 

Erstellt im März 2015


Was heißt Schwulsein?

„Ich glaube nicht, dass es ansteckend ist. Oder?“

Jane Fonda, Schauspielerin, über Heterosexualität

 

Schwule fahren mit dem Auto, mit dem Fahrrad, sie arbeiten, studieren, sie gehen einkaufen und nutzen dabei die Sonderangebote, sie schauen sich Fußballspiele an oder spielen selber, sie fahren in den Urlaub und neben all diesen alltäglichen Dingen des Lebens lieben sie einen Mann. Na und?

 

In dieses schwule Leben tritt man durch das Coming-Out. Bei dem einen Mann früher bei dem anderen später. Egal in welchem Alter, es ist die Zeit des Erwachens und der Auseinandersetzung mit dem Schwulsein. Ein für sich Zulassen schwul zu sein.

 

Mit dem Coming-Out beginnt ein biografischer Bruch. Oft ein Konflikt mit sich selbst, mit einem Konflikt mit den Erwartungen der Familie und Umwelt, mit übernommenen Wertehaltungen, in der das Schwulsein als etwas Schlechtes gesehen wird. Auch heute ist es anfänglich meist ein großer Schreck, wenn man erkennt, "anders als die Anderen" zu sein. 

 

Nur gut, dass das Schwulsein in der heutigen Gesellschaft kein Tabuthema mehr ist. Jungen Männern fällt das Coming-Out heutzutage leichter. Kann man erst im späteren Alter zu seinem Schwulsein stehen wird es für sich schwerer. Oft hat man sich schon eine Scheinwelt erschaffen. Aber egal in welchem Alter, hat man erst einmal für sich die eigene Sexualität angenommen, kommt der zweite Schritt: Man will darüber mit Freunden und der Familie reden. Das Coming-Out beginnt. In vielen größeren Städten helfen und unterstützen dabei auch die Schwulen- und Lesben-Zentren. In Bremen ist es das Rat und Tat Zentrum und mit ihm die Selbsthilfegruppe ANS ANDERE UFER ?!

 

Viele Schwule gehen den zweiten Schritt des Coming-Outs allerdings nicht mit. Sozialwissenschaftler schätzen, höchstens die Hälfte der Homosexuellen lebt "offen", hat Familie, Freundinnen, Kollegen oder Nachbarn informiert. Die andere Hälfte verschweigt weiterhin ihre Homosexualität - aus Scham oder aus Furcht vor Anfeindungen und Ausgrenzung. Besonders außerhalb der Großstädte sieht sich die Mehrheit der Schwulen und Lesben gezwungen, die Tarnkappe zu tragen und damit ein schwieriges Doppelleben zu führen. Wenn du zu der zweiten Hälfte gehörst, dann komme zu uns. Nur wer frei von Ängsten ist, kann ein erfülltes Leben führen.

 

 

Norbert

 

Erstellt im Dezember 2014


Wie leben sie – die Schwulen?

Man beginnt mit dem Coming-Out und dann? Das Leben als solches wird nicht unbedingt leichter, das hat man auch nach dem Coming-Out selbst in der Hand. Aber es wird freier, selbstbewusster. Man hat ein anderes Bewusstsein, ist nicht mehr angreifbar, nicht erpressbar – das Versteckspielen hört auf. Man ist ehrlicher zu sich selbst und anderen.

 

Wo trifft der Schwule seinen Mitschwulen? Unter anderem in der Szene. Auch wenn man nicht der „Szenegänger“ ist, wenn man nach dem Coming-Out schwule Männer kennen lernen will, dann ist die Szene ein guter Anlaufpunkt. Die Szene ist die Gesamtheit der Begegnungsstätten wie Cafés, Bars, Diskotheken für Lesben und Schwule. Die Szene ist manchmal nach Geschlechtern getrennt. Die meisten schwulen Lokalitäten sind aber auch für Heterosexuelle offen – „gemischtes Publikum“ ist erwünscht. Aber es gibt auch Kommunikationszentren, Buchläden, Beratungseinrichtungen, Jugendgruppen, lesbisch-schwule Sportvereine und vieles mehr. Zur Szene gehören im schwulen Sektor auch Treffpunkte, die vor allem sexuellen Kontakten dienen, wie Klappen (öffentliche Toiletten), Saunen und Parks. 

 

Auch wenn wir als sexuelle Minderheit gelten, so möchte ich doch sagen, dass wir beim Sex mehr Spaß haben. Schwule erweisen sich oft als "echte Kerle". Sie haben im Durchschnitt mehr Sexualpartner als Hetero-Männer. In der schwulen Szene gilt häufiger Wechsel der Sexpartner nicht als anstößig. Mann ist unter sich und kommt schnell zur Sache. Verborgene Treffpunkte wie nächtliche Parkanlagen boten in der Zeit scharfer staatlicher Verfolgung fast die einzige Gelegenheit, (anonyme) sexuelle Kontakte zu knüpfen. Heute gehören sie als eine Möglichkeit sexueller Begegnung weiter zur schwulen Welt. Das hat übrigens nichts mit Prostitution zu tun. Beim Cruising in Parkanlagen oder Parkplätzen herrscht kein finanzielles, sondern gegenseitiges sexuelles Interesse. Schwule Datings findet man auch in den verschiedenen Dating-Portalen wie Planet Romeo oder Gay Royal – siehe die Seite „Links“. Und wie steht`s mit den Sexualpraktiken? Es gibt beim schwulen Sex praktisch nichts, was nicht auch unter Heterosexuellen stattfinden würde. Nur freier und offener . . .

 

Unter Schwulen besteht eine ausgeprägte Tendenz, feste Beziehungen einzugehen. Nahezu 60 % der Schwulen leben in einer festen Beziehung mit einem Mann. Der Sexualwissenschaftler Mertin Dannecker meint dazu: "Dies ist ein hoher Anteil angesichts des Mangels an sozialer und rechtlicher Anerkennung, unter dem homosexuelle Partnerschaften in Deutschland auch gegenwärtig noch zu leiden haben." Zudem erklären in Befragungen über 70 % der homosexuellen Männer eine feste Beziehung zu der Lebensform, in der sie am liebsten leben möchten. Ein beträchtlicher Teil der schwulen Paare versteht sich als monogam. Recht häufig findet man aber auch den Typus der „offenen Beziehung“, die Sexualkontakte neben dem festen Freund relativ undramatisch zulässt.

 

Wissenschaftler vertreten heute die Einschätzung, dass sich in den westlichen Gesellschaften etwa 3 % der über 20jährigen Männer selbst als homosexuell verstehen und damit eine „homosexuelle Identität“ haben. Zusätzlich zu den 3 % Schwulen weisen weitere 3 % der Männer in ihrer Biographie längere bisexuelle Phasen auf oder gehen über einen längeren Zeitraum gleichgeschlechtliche Sexualkontakte ein.

 

Der Mensch experimentiert gerne. Neben den Homo- und Bisexuellen sammelt auch mancher Heterosexueller gelegentlich gleichgeschlechtliche Erfahrungen. Es gibt mehr Homosexualität auf der Welt, als es Schwule und Lesben gibt. Für Sex mit dem gleichen Geschlecht muss man nicht homosexuell sein. Für die Liebe freilich schon.

 

 

Norbert

 

Erstellt im Dezember 2014


Coming-Out – was ist das?

Im Coming-Out unterteilt sich in zwei Phasen, das innere Coming-Out und das äußere Coming-Out. Das innere Coming-Out ist der Teil wo man sich bewusst wird über seine vorhandene homosexuelle Orientierung der eigenen Person. Die Feststellung „Ich bin homosexuell!“ erfolgt zunächst für sich selbst. Diese Phase kann individuell unterschiedlich lange dauern, beginnt meist mit der Pubertät und kann sich teilweise über viele Jahre hinziehen.

 

Das äußere Coming-Out ist dadurch geprägt, dass man allen oder ausgewählten Menschen des sozialen Umfeldes (oder manchmal auch darüber hinaus), meist beginnend mit nahen Verwandten und Freunden, die eigene sexuelle Orientierung explizit offenbart, die Feststellung „Ich bin homosexuell!“ erfolgt dann gegenüber anderen Menschen. Viele Homosexuelle informieren allerdings nur einen Teil ihres sozialen Umfeldes. 

Der Coming-Out-Prozess ist nicht an ein bestimmtes Alter gebunden. Es gibt Fälle, in denen Menschen in relativ hohem Alter ihre Homosexualität ihren Familien, Kollegen oder ihrem Freundeskreis offenbaren. Obwohl diese Menschen, im Gegensatz zu jüngeren, meist finanziell unabhängig sind und nicht von Pubertätsproblemen geplagt werden, haben sie andere Probleme, weil sie meist sehr lange ihrer Umgebung eine Fiktion gezeigt haben, die nur sehr schwer zu widerrufen ist. In vielen Fällen sind sie sogar verheiratet oder haben Kinder.

 

Wann immer ein Betroffener in eine fremde Umgebung kommt (neuer ArbeitsplatzWohnort oder fremde Menschen, die er nicht auf Anhieb abschätzen kann, weil sie zum Beispiel aus anderen Kulturkreisen stammen), stellt sich für ihn immer wieder neu die Frage, ob und wie er seine sexuelle Identität seiner Umgebung offenbart.

Es gibt kein definiertes Ergebnis für einen Coming-out-Prozess. Vom völlig offenen bis zum weitgehend zurückgezogenen Leben reichen die Schattierungen. Kriterium ist, ob der Betroffene innerlich seine sexuelle Orientierung akzeptiert hat und sich selbst nicht verleugnet.

Auf dem Land lebende homosexuelle Menschen haben es im Vergleich zu homosexuellen Menschen in den Mittel-/Großstädten schwerer und suchen daher zunächst Informationen über Medien (Internet, Fernsehen,…). Erst wenn sie sich selbstsicher genug fühlen, offenbaren sie sich Vertrauenspersonen oder engen Freunden. Ein offenbarendes Gespräch mit Eltern oder Verwandten erfolgt häufig später und ist von den jeweiligen Familienverhältnissen abhängig.

 

Heute ist das Coming Out leichter als noch vor 50 Jahren. Gleichzeitig existieren heute im Internet Plattformen mit hoher Reichweite und umfangreichem Informationsangebot. Auch gibt es Beratungsstellen und Gruppen für Informationen und Gespräche. Eine Gruppe davon ist ANS ANDERE UFER ?!. Bei Bedarf würden wir uns freuen dich in unserer Gruppe begrüßen zu dürfen.


Das Coming-Out

Gewidmet all denen, die noch leiden, obwohl das Leben so schön sein kann!

 

Coming-Out - wozu? Weshalb sollte ich mir den Stress machen, meiner Familie, meinen Freunden und allen anderen auf die Nase zu binden, dass ich schwul bin? Ist das denn nicht meine Privatsache?

 

Diese Fragen mögen sich einige von Euch stellen. Sind es aber nicht Eure Ängste und Befürchtungen, die Euch diese Fragen stellen lassen? Die Angst vor negativen Reaktionen der Eltern, Geschwister, der Kinder, die Angst vor dem möglichen Verlust von Freunden, vor Repressalien im Beruf, vor Diskriminierung im allgemeinen? Können Ängste und Befürchtungen gute Ratgeber sein?

 

Euer Schwul-Sein ist ein Teil Eurer Persönlichkeit, genauso wie Ihr Links- oder Rechtshänder seid, blaue oder braune Augen habt, männlich oder weiblich seid. Kann Euer Leben glücklich verlaufen, wenn Ihr ständig einen wichtigen Teil Eures Selbst verleugnet?

 

Ein Coming-Out ist sicherlich nicht eine Garantie zum Glücklichsein, aber es ist die einzige Chance für Euch, ein Leben zu führen, wie Ihr es Euch wünscht!

 

Diese Seiten sollen Euch Mut machen, diesen Schritt zu wagen. Sie wollen Euch Informationen an die Hand geben und Euch von den Erfahrungen anderer, die diesen Schritt getan haben, profitieren lassen. Dass Ihr in Eurem schwulen Leben genauso glücklich werdet, wie wir es sind, das wünschen wir Euch von ganzem Herzen!


Das späte Coming-Out in Familien

Wenn wir von einem späten Coming-Out sprechen, verstehen wir das nicht nur altersabhängig, sondern auch aus einer heterosexuellen Lebenssituation heraus. Dies kann in jedem Alter stattfinden. Das späte Coming-Out in Familien bezeichnet den Prozess aus einer traditionellen Frau-Mann-Kinder-Familie heraus.

 

Das Coming-Out in der Familie wird dadurch erschwert, dass der Mann nicht nur für die eigene Person agieren kann. Das Coming-Out betrifft immer gleichzeitig einen eine Partnerin und auch die Kinder. Alle Familienmitglieder müssen diesen Bewältigungsprozess durchstehen. Für alle Mitglieder der Familie bedeutet ein Coming-Out meist einen erheblichen Einschnitt in die gewohnte Lebens- und Familienstruktur. Dabei bewältigen jüngere Kinder und junge Erwachsene diesen Prozess besser als Kinder in der Pubertät.

 

Durch die Familie ist der Mann meist stärker eingebunden in die Gesellschaft und stärker eingebunden in das direkte Wohnumfeld. Diese Eingebundenheit erschwert das Coming-Out und erfordert oft eine schnellere Öffnung nach außen. Gesellschaftliche und konfessionelle Eingebundenheit sowie finanzielle Aspekte und Ängste können den Coming-Out-Prozess zeitlich hinauszögern oder gar verhindern. Starke Verlustängste bestimmen dann das Handeln. Das Coming-Out in der Familie bedeutet immer gleichzeitig das persönliche Coming-Out, einschneidende Veränderungen für die Ehefrau und die Kinder sowie das Bestehen in der Gesellschaft.

 

Empfehlungen für das Verhalten gegenüber den Kindern:

  • Offenheit und Ehrlichkeit in jedem Fall und in allen Fragen
  • Altersgerechte Erklärungen
  • Agieren statt reagieren, auch im Umgang mit der Gesellschaft (Kindergarten und Schule) oder gegenüber der ehemaligen Partnerin

Gegenüber den Kindern immer die Wahrheit sagen, warum die Trennung vom Vater erfolgt. Mit der ersten Lüge beginnt bereits der Teufelskreis, aus dem man schwer heraus kommt. Es wird viel Energie aufgewandt, um Fantasiegebilde (z.B. Trennungsgründe) zu erfinden. Es soll irgendwann richtig gestellt werden, und nie ist der richtige Zeitpunkt dafür. Die Angst, etwas verlieren zu können, beherrscht das eigene Handeln und die Auffassung, die Kinder schützen zu wollen.

 

Eine Geheimhaltung z.B. gegenüber der Gesellschaft suggeriert den Kindern, dass es etwas "Schlechtes" sein muss. Kinder sind so nicht gegen Angriffe gewappnet. Das Elternhaus bietet keinen Rückhalt. Das Kind kommt in Gewissenskonflikte. Sogar stark ablehnende Haltungen können so beim Kind provoziert werden. Nur in Offenheit (auch nach außen) kann Selbstbewusstsein aufgebaut werden, kann man das Kind stark machen gegen Angriffe. Die Normalität von schwulen Lebensweisen muss auch in der Familie vermittelt werden. Ein wichtiger Faktor ist das Verhalten von Verwandten und Freunden gegenüber den Kindern. Welcher Einfluss wird ausgeübt? Welche Haltung wird gegenüber Schwulen eingenommen? Ein insgesamt offenes und tolerantes Umfeld kann helfen, den Bewältigungsprozess positiv zu gestalten und ist eine Hilfe für alle Betroffenen.