Wer mich kennt, weiß, dass ist ein recht gespaltenes Verhältnis zur Kirche habe und fundamentalistischen Religionen – auch christliche – sind mir ein Gräuel. Umso mehr war ich überrascht als ich diesen Artikel von einem US-amerikanischen Pfarrer las. Veröffentlicht wurde der Artikel, geschrieben von John Pavlovitz, am 19.10.2014 in der Huff Post Gay. Der Link zum Original:

http://www.huffingtonpost.de/john-pavlovitz/falls-meine-kinder-schwul-werden_b_6010056.html

Falls meine Kinder schwul werden: 

Vier Versprechen von einem Pfarrer/Vater

Manchmal frage ich mich, ob meine Kinder einmal schwul werden.

 

Keine Ahnung, ob es anderen Eltern ebenso geht. Aber ich denke doch relativ häufig über diese Möglichkeit nach.

 

Vielleicht liegt es daran, dass viele Menschen in meinem Familien- und Freundeskreis schwul sind. Homosexualität ist Teil meiner Gene und meines Umfelds.

 

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich als Pfarrer um Schüler kümmere und hier in den USA immer wieder Horrorgeschichten höre und erlebe, wenn offen oder heimlich homosexuelle Kinder ein Mitglied der Kirche werden möchten.

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich als Christ mit vielen Leuten zu tun habe, die Homosexualität als das Widerwärtigste überhaupt empfinden und ihre Meinung bei jeder nur denkbaren Gelegenheit kundtun.

 

Wie dem auch sei: Ich denke häufig über die sexuelle Orientierung meiner Kinder nach. Und deswegen möchte ich, als Pfarrer und als Vater, Ihnen und meinen beiden Kindern gegenüber einige Versprechen ablegen . . .

 

1. Falls meine Kinder schwul werden, sollen es alle erfahren.

 

Meine Kinder werden ganz gewiss nicht unser bestgehütetes Familiengeheimnis.

Ich werde es nicht vermeiden, sie in Gesprächen mit anderen Menschen zu erwähnen. Ich werde keine Codesprache oder vage Ausdrücke verwenden. Ich werde niemandem diesbezüglich etwas vormachen und auch keine Rücksicht darauf nehmen, ob mein Gesprächspartner schon älter ist, an diesem Thema Anstoß nimmt oder es ihm unangenehm ist. Kind zu sein ist an sich schon schwer genug und viele homosexuelle Kinder fühlen sich ihr ganzes Leben lang furchtbar unangenehm. Ich werde meine Kinder keinem unnötigen Druck aussetzen, nur damit ein Cousin dritten Grades mit fehlgeleiteten Aggressionen es an Thanksgiving ein bisschen einfacher hat.

 

Wenn sich meine Kinder outen, dann outen wir uns als Familie.

 

2. Falls meine Kinder schwul werden, werde ich für sie beten.

 

Ich werde nicht dafür beten, dass sie wieder „normal" werden. Ich habe genug Lebenserfahrung gesammelt, um zu wissen, dass es für Schwule normal ist, schwul zu sein.

 

Ich werde nicht dafür beten, dass Gott meine Kinder heilt, ändert oder korrigiert. Stattdessen werde ich dafür beten, dass Gott meine Kinder beschützt - vor der Ignoranz, dem Hass und der Gewalt, den ihnen unsere Welt ihnen entgegen bringen wird, einfach weil sie sind, wie sie sind. Ich werde dafür beten, dass Gott sie vor denjenigen Menschen beschützt, die sie verachten und ihnen Böses wollen, die sie in die Hölle wünschen und ihnen die Hölle auf Erde bereiten, ohne sie jemals kennen gelernt zu haben. Ich werde dafür beten, dass sie ihr Leben genießen, dass sie lachen und träumen und fühlen und vergeben und Gott und die Menschheit lieben.

Aber vor allem bete ich zu Gott, dass sie sich nicht von der gottlosen Haltung, die einige seiner fehlgeleiteten Kinder ihnen gegenüber einnehmen, davon abhalten lassen, den Weg zu ihm zu finden.

 

3. Falls meine Kinder schwul werden, werde ich sie lieben.

 

Und ich meine damit keine symbolische, tolerante Liebe aus sicherer Distanz.

 

Sondern eine überschwängliche, offenherzige, unmissverständliche, meine-Eltern-sind-ja-so-peinlich Art von Liebe.

 

Ich werde sie nicht trotz ihrer sexuellen Orientierung lieben und ich werde sie auch nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung lieben. Ich werde sie einfach deswegen lieben, weil sie süß sind, und lustig, und warmherzig, und intelligent, und freundlich, und eigensinnig, und fehlerhaft, und einmalig, und schön - und vor allem deswegen, weil sie meine Kinder sind.

 

Falls meine Kinder schwul werden, mögen sie unzählige Zweifel in Bezug auf sich und diese Welt haben, aber sie werden keine Sekunde daran zweifeln, dass ihr Daddy sie wie verrückt liebt.

 

4. Falls meine Kinder schwul werden, sind meine Kinder aller Wahrscheinlichkeit nach schwul.

 

Sollten meine Kinder schwul werden, dann sind sie es im Grunde bereits jetzt schon.

 

Gott hat sie bereits erschaffen, ihr Gehirn verkabelt und in ihnen den Samen ihrer Persönlichkeit gepflanzt. In Psalm 139 ist zu lesen: „Denn du bist es, der meine Nieren geschaffen, der mich im Leib meiner Mutter gewoben hat". Dieses unglaublich komplexe Zusammenspiel von Eigenschaften, das sie als Individuum ausmacht, ihre einzigartigen Seelen, all dies wurde bereits in jede Zelle ihres Körpers hochgeladen.

Und deswegen wird ihre Sexualität nicht bis zu einem bestimmten Termin definiert, dem ihre Mutter und ich entgegenfiebern können. Ich glaube nicht, dass es ein magisches Datum gibt, bis zu dem wir irgendwie das Richtige tun, sagen oder beten müssen, um ihre sexuelle Orientierung umzukehren, weil sie ansonsten endgültig ans andere Ufer wechseln.

 

Meine Kinder sind heute einfach eine jüngere Version dessen, was sie einmal sein werden - und sie sind heute schon unheimlich tolle Menschen.

 

Mir ist völlig klar, dass einige meiner Leser an diesen Zeilen Anstoß nehmen. Insbesondere dann, wenn Sie ein religiöser Mensch sind, ein Mensch, der diese ganze Thematik abstoßend oder unerfreulich findet.

 

Während Sie dies lesen, haben Sie vielleicht die Augen verdreht, mit der Zunge geschnalzt oder sich überlegt, welche Bibelzitate Sie mir schicken könnten. Vielleicht beten Sie dafür, dass ich Buße tue. Oder Sie überlegen sich, Ihre Facebook-Freundschaft mit mir zu beenden. Oder Sie haben mich bereits als sündigen, zur Hölle verdammten Ketzer abgeschrieben. Dazu kann ich Ihnen, so sanft und verständnisvoll wie nur möglich, nur eines sagen: Das ist mir wirklich so was von egal.

 

Denn hier geht es nicht um Sie. Das hier ist wesentlich wichtiger als Sie.

 

Sie sind nicht der Mensch, auf den ich neun Monate lang voller Spannung gewartet habe.

 

Sie sind nicht der Mensch, der mich bei seiner Geburt zu Tränen gerührt hat.

 

Sie sind nicht der Mensch, den ich gebadet, gefüttert und in zahllosen innigen,

mitternächtlichen Momenten geknuddelt und in den Schlaf gewiegt habe.

 

Sie sind nicht der Mensch, dem ich das Radfahren beigebracht, dessen aufgeschürftes Knie ich geküsst und dessen winzige, zitternde Hand ich gehalten habe, als er genäht wurde.

 

Sie sind nicht der Mensch, dessen Haar ich so gerne rieche, der übers ganze Gesicht strahlt, wenn ich abends heimkomme, und dessen Lachen wie Musik in meinen Ohren klingt.

 

Sie sind nicht der Mensch, der meinem Dasein Sinn und Zweck verleiht und den ich mehr anbete, als ich es mir jemals hätte träumen lassen.

 

Und Sie sind nicht der Mensch, der hoffentlich an meiner Seite ist, wenn ich meine letzten kostbaren Atemzüge auf diesem Planeten tue. Wenn ich voller Dankbarkeit auf ein Leben geteilter Schätze zurückblicke und mich mit dem guten Gewissen verabschiede, diesen Menschen von ganzem Herzen geliebt zu haben.

 

Ich weiß nicht, wie Sie als Eltern darauf reagieren, wenn Sie herausfinden, dass Ihre Kinder schwul sind. Aber ich hoffe inständig, dass Sie diese Möglichkeit in Erwägung ziehen.

 

Denn eines Tages befinden Sie sich vielleicht in einer Situation, in der Sie - ungeachtet dessen, wie Sie Ihr Kind bisher wahrgenommen und erzogen haben - einem verängstigten, verzweifelten, verletzlichen Wesen gegenüberstehen, dessen Seelenfrieden, Identität und Akzeptanz, dessen ganzes Herz in einer bisher undenkbaren Weise in diesem einen Moment in Ihren Händen liegt. Und diesem Kind müssen Sie eine Antwort geben.

 

Falls ich diesen Tag jemals erleben sollte, falls sich meine Kinder mir gegenüber outen, dann hoffe ich, genau dieser Vater zu sein.

 

Dieser Blogbeitrag erschien ursprünglich auf johnpavlovitz.com.

Hinweis: Mit der Bezeichnung „schwul" beziehe ich mich hier auf alle Menschen, die sich selbst als lesbisch, schwul, bisexuell oder transsexuell bezeichnen oder die sich ihrer sexuellen Orientierung oder Identität nicht sicher sind. Ich bin mir über die Abgrenzungen und Unterschiede dieser Begriffe völlig bewusst, habe mich aber zwecks Einfachheit und Leserlichkeit auf das Wort „schwul" beschränkt. Dieser gängige, dem Durchschnittsleser vertraute Begriff war meiner Ansicht nach der einfachste und beste Weg für die Bezeichnung nicht-heterosexueller Menschen in diesem Beitrag. Ich hoffe, dass mein Herz für all diese Menschen dennoch aus meinen Zeilen spricht.


Viele Männer aus unserer Gruppe haben, bedingt durch ihr spätes Coming Out, Kinder. Ich habe noch nie gehört, dass es diesen Kindern schlecht geht. Schwule Väter sind gute Väter. Und wenn Kinder bei einem lesbischen oder schwulen Paar leben, geht es ihnen gut.

 

Hierzu ein Artikel vom 11.07.2014 aus „Die Welt“ von Fanny Jimenez.

 

Der Original Link zu diesem Thema:

http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article130049287/Kindern-gleichgeschlechtlicher-Paare-geht-es-super.html

 

Kindern gleichgeschlechtlicher Paare geht es super

Um die Sprösslinge schwuler und lesbischer Eltern ranken sich viele Vorurteile und Bedenken. Eine Studie zeigt nun, dass das Geschlecht der Eltern für die Entwicklung der Kinder keine Rolle spielt.

 

Warum sollte es Kindern von Eltern, die nicht aus Mama und Papa sondern stattdessen aus Mama und Mama oder Papa und Papa bestehen, schlechter gehen als anderen Kindern? Die Befürworter dieser Theorie hatten bisher viele Ideen, warum da einiges schieflaufen könnte in der Entwicklung der Kleinen.

 

Bei gleichgeschlechtlichen Eltern, so zum Beispiel ein Argument, fehle den Sprösslingen das jeweils andere Rollenbild, also entweder das weibliche oder das männliche – und das sei ihrer emotionalen Entwicklung abträglich. Zudem provozierten schwule oder lesbische Eltern durch ihre ungewöhnliche Lebensform ein soziales Stigma, das letztlich ihr Kind ausbaden müsste, so ein anderes Argument.

 

Die Gegner hielten mit ebenso vielen Argumenten dagegen. Ob ein Kind traditionelle Rollenbilder für seine Entwicklung überhaupt brauche, sei fraglich. Falls doch, würde es diese auch von anderen Familien in ihrer Umgebung lernen können – und das Stigma sei schließlich nur eine vorübergehende Erscheinung, bis gleichgeschlechtliche Eltern gesellschaftlich voll akzeptiert seien.

 

Studien mangelt es oft an Beispielfamilien

 

Beide, Befürworter und Gegner der These, hatten bisher aber eben nur das: Argumente. Studien, die mit wissenschaftlicher Expertise hätten aushelfen können, gab es kaum. Und jene die es gab beschränkten sich fast ausschließlich auf lesbische Elternpaare und glänzten darüber hinaus nicht eben mit einer großen Zahl von Probanden, weil, ja eben weil es bislang noch nicht allzu viele schwule und lesbische Paare gibt, die überhaupt Kinder bekommen.

 

Nun kann eine Untersuchung aus Australien aber endlich ein bisschen Licht ins Dunkel bringen. Die Wissenschaftler um Simon Crouch vom Jack Brockhoff Child Health and Wellbeing Program der University of Melbourne untersuchten 500 Kinder im Alter von 0 bis 17 Jahren. Die 315 Elternpaare lebten alle in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft. Dabei waren rund 80 Prozent der Paare lesbisch und gut 20 Prozent schwul.

 

Die Forscher erhoben sowohl den allgemeinen Gesundheitszustand der Kinder als auch Maße für ihr Verhalten und ihre psychologische Befindlichkeit. Weiterhin befragten sie deren Eltern dazu, wie stigmatisiert sie sich als Lebensgemeinschaft von Außenstehenden fühlten, und als wie stark sie selbst den Zusammenhalt innerhalb der Familie empfanden.

 

Außerdem erfragten sie weitere Hintergrundinformationen wie den Bildungsstand der Eltern und das monatliche Haushaltseinkommen, um bei der Analyse den Effekt dieser Faktoren herausrechnen zu können. Das stellt sicher, dass gefundene Unterschiede tatsächlich auf die untersuchten Merkmale, also hier physische und psychische Gesundheit aufgrund der Konstellation der Eltern, zurückgehen – und nicht auf andere Faktoren, die eher den sozialen Hintergrund der Familien abbilden. 

 

Den Kindern geht es teilweise sogar besser 

 

Dann verglichen die Forscher die gefundenen Werte für das Wohlbefinden der Kinder mit den Werten einer repräsentativen Studie mit Kindern aus traditionellen Familien. Die Analyse der Wissenschaftler ergab Folgendes: Die Kinder gleichgeschlechtlicher Paare waren gesünder und lebten in größerem Familienzusammenhalt als Kinder, die Mutter und Vater hatten.

 

Sechs Prozentpunkte lagen sie in diesen Kategorien über den Werten der Traditionsfamilien. Bei der mentalen Gesundheit gab es keine Unterschiede zwischen den Kindern aus eher konformen und eher nonkonformen Familien. Simon Crouch und seine Kollegen vermuten, dass das gute Abschneiden der Kinder gleichgeschlechtlicher Eltern womöglich mit einer ausgeglicheneren Arbeitsteilung zu tun haben könnte. In jedem Fall, so Crouch, sei das Ergebnis für schwule oder lesbische Eltern befreiend.

 

Eine kleine Einschränkung aber gab es doch: Das Ausmaß der empfundenen Stigmatisierung reichte von sehr mild bis sehr massiv. Kinder aus Familien, die sich als sehr stigmatisiert empfanden, berichteten über mehr emotionale Probleme als Kinder, deren Familien weniger sozial geächtet waren. Ein Teil dieser Ächtung mag aus den Vorurteilen über die Entwicklung der Kinder stammen, die Gegner dieser Lebensform haben. Zumindest das dürfte sich jetzt aber wohl erledigt haben.


Erst neulich hatte ich per E-Mail versucht mit der größten muslimischen Gemeinde in Bremen Kontakt bezüglich des Themas „Islam und Homosexuelle“ Kontakt zu bekommen. Leider kam bisher keinerlei Reaktion. Sollte doch noch eine Antwort kommen, dann werde ich darüber berichten.

 

Nun habe ich einen Bericht aus Ägypten über Schwule gefunden. Dieser Bericht ist erdrückend, aber wir dürfen unser Augen davor nicht verschließen.

 

Sollte ein homosexueller Muslim unsere Homepage finden und lesen, egal welchen Alters, so kann er gerne zu uns in die Gruppe kommen. Denn unter diesen Voraussetzungen ist ein Coming-Out unendlich schwieriger, als bei uns christlich erzogenen Schwulen.

 

Der Bericht, geschrieben von Katharina Pfannkuch, ist am 26.11.2013 im „CICERO Magazin für politische Kultur“ erschienen.

 

Den Originaltext findet ihr unter dem Link:

http://www.cicero.de/weltbuehne/schwule-muslime-maenner-die-maenner-lieben-und-allah/56506

 

 

SCHWULE MUSLIME

Männer, die Männer lieben – und Allah

Homosexuelle, die in ihrer Heimat verfolgt werden, haben laut EuGH Anspruch auf Asyl. Eine Hoffnung für Menschen in islamischen Gesellschaften. Denn: Schwule Muslime, für die ihre Liebe zu Männern keinen Widerspruch zu ihrer Religion darstellt, leben gefährlich

 

Mohamed Sherif zögert, er ist misstrauisch. Von seinem Leben als Homosexueller in Ägypten zu erzählen – das widerspricht so ziemlich allem, was seinen Alltag sonst bestimmt. Denn Mohamed Sherif ist es gewohnt, sich zu verstellen und nicht über das zu sprechen, was ihn von anderen unterscheidet. Dann willigt er schließlich ein und berichtet. Von Massenverhaftungen, von Drohungen und familiärem Druck. Von den bohrenden Fragen seiner Eltern, und von der Verachtung, die ihm entgegenschlägt. „Wenn du zwischen 23 und 30 Jahre alt und noch immer ledig bist, musst du jeden Tag auf die Frage gefasst sein, wann du denn endlich heiraten wirst“, erzählt Sherif.

 

Die Wahrheit hilft da auch nicht weiter – im Gegenteil: „Sobald die Familie über deine sexuelle Orientierung Bescheid weiß, wird dein Leben zur Hölle“, sagt Mohamed Sherif. „Sie verachten dich, sie schlagen dich, und manchmal sperren sie dich zuhause ein“.

 

Ein homosexueller Sohn – für die meisten ägyptischen Familien gleicht dies einer Schande. Viele Freunde von Mohamed verbergen deshalb vor ihren Eltern und Geschwistern ihre Liebe zu Männern. Einige lassen sich auf eine Ehe mit einer Frau ein, um den Schein zu wahren. Langfristige Partnerschaften zwischen Männern sind so kaum möglich: „Die meisten suchen nicht mehr nach einer festen Beziehung“, erzählt Sherif.

 

Mann trifft sich heimlich in den inoffiziellen Schwulen-Bars von Kairo. Denn die Polizei greift hart gegen Homosexuelle durch. Erst im Oktober wurden 14 Männer in Kairo festgenommen. Der Vorwurf: „Unmoralische und homosexuelle Handlungen“. Medienberichten zufolge mussten sich die Inhaftierten entwürdigenden Analuntersuchungen unterziehen.

 

In Bars rund um das Stadtzentrum und in den Vierteln Maadi, Mohandessin und Masr El-Gedida läuft die Partnersuche daher diskret ab: „Nach außen benehmen sich alle wie Heterosexuelle. Alles andere spielt sich hinter den Kulissen ab“, erzählt Mohamed. Und das in Kairo, der Stadt der hundert Minarette, einem Zentrum islamischer Gelehrsamkeit und zudem Heimat von mindestens fünf Millionen christlichen Kopten. „Religion spielt eine enorme Rolle im Leben eines jeden Schwulen“, sagt Mohamed.

 

„Ich bin Muslim und ich bin schwul. Auf beides bin ich stolz.“

 

Die Reaktionen auf ein Coming-Out seien oft ähnlich: Homosexualität sei Sünde, und man müsse dafür beten, dass der Fehlgeleitete geheilt werde, so Mohameds Erfahrung. „Ich spreche dabei von allen Religionen“, betont er, „denn in allen Religionen gilt Homosexualität als verwerflich“. Ein Widerspruch zwischen seinem Glauben und seiner sexuellen Orientierung besteht für Mohamed dennoch nicht: „Ich bin Muslim und ich bin schwul. Und auf beides bin ich stolz“.

Drei Jahre Knast und 18.000 Euro Strafe - für Homosexualität

 

Der gebürtige Algerier Ludovic-Mohamed Zahed weiß, wovon Mohamed Sherif spricht: Auch in seiner Heimat ist ein Leben als Homosexueller nur im Verborgenen möglich – für Zahed war dies keine Option, er verließ Algerien und lebt mittlerweile seit 16 Jahren in Frankreich. „Homosexuelle Beziehungen werden in Algerien mit Haft bestraft“, erzählt der 36-Jährige.

 

Artikel 333 des algerischen Strafgesetzbuches etwa legt das Strafmaß für „eine Handlung wider die Natur mit einer Person des eigenen Geschlechts“ auf eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren und einer Geldstrafe von knapp 18.000 Euro fest.

Wie in Ägypten sollen auch in Algerien Polizisten immer wieder demütigende Untersuchungen an Homosexuellen vornehmen, wie die Organisation Abu Nawas berichtet, die für die Rechte von Schwulen und Lesben in Algerien kämpft. Die Organisation wirft auch algerischen Medien vor, Homosexuelle als „Perverse“ zu bezeichnen. Anwälte würden zudem die Verteidigung von Homosexuellen verweigern, kritisiert die Organisation.

 

Homosexuelle mit heterosexuellen Masken

 

Nicht nur solche Drangsalierungen machten Ludovic-Mohamed Zahed das Leben in seiner Heimat unmöglich. Lange kämpfte er auch mit einem inneren Konflikt: „Nachdem mir klar war, dass ich schwul bin, fiel es mir eine Weile schwer, den Islam zu praktizieren. Erst mit 25 begriff ich, dass Homophobie nichts mit dem Islam zu tun hat“. Vielmehr würden einige Muslime religiöse Schriften vereinnahmen, um damit ihre homophoben Vorurteile zu rechtfertigen, so Zahed. Er wandte sich ab vom dogmatischen Islam und fand in der islamischen Spiritualität einen Weg, seinen Glauben mit seiner Sexualität in Einklang zu bringen.

 

Er beschäftigte sich mit dem Sufismus, bereiste islamische Länder, studierte Psychologie in Frankreich und veröffentlichte 2012 sein Buch „Der Koran und das Fleisch“ (Le Coran et la Chair). Im selben Jahr wagte Zahed einen mutigen Schritt: In Paris gründete er die erste Moschee Europas, in der homosexuelle Muslime ausdrücklich willkommen sind. Er selbst fungiert als Imam.

 

„Aus meiner Sicht ist es unmöglich, sich als Muslim zu bezeichnen und gleichzeitig homophobe, rassistische, antisemitische, transphobische oder frauenfeindliche Ansichten zu vertreten“, so Zahed. Wo genau sich seine Moschee befindet, versucht Zahed so geheim wie möglich zu halten – zu gewaltig ist die Welle von Drohungen, die aus konservativen muslimischen Kreisen über ihn hereinbrach, als die Nachricht von seiner toleranten Moschee für Schlagzeilen sorgte. Nun will er gemeinsam mit seinem Ehemann in dessen Heimat Südafrika ziehen und eine Familie gründen.

 

Auch in Deutschland gibt es viele schwule Muslime

 

Eine solche Offenheit kommt für den Marokkaner Ishaq Nouri nicht in Frage: „Wir wissen genau, was uns erwartet, wenn wir eine homosexuelle Beziehung in Marokko offen leben. Also setzen wir eine heterosexuelle Maske auf“. Wie in Kairo gibt es auch in den größeren Städten Marokkos Cafés und Bars, in denen sich Homosexuelle treffen – ganz diskret. Denn auch das marokkanische Strafgesetzbuch sieht Geld- und Haftstrafen für Homosexualität vor.

 

Bis zu drei Jahre Haft erwarten laut Artikel 489 denjenigen, der „eine unanständige Handlung wider die Natur mit einer Person seines eigenen Geschlechts begeht“. Den inneren Konflikt des Algeriers Zahed beobachtet Ishaq Nouri auch in Marokko: „Immer mehr Homosexuelle meinen, dass Islam und Homosexualität einander nicht ausschließen. Ich kenne viele schwule Muslime, die den Islam praktizieren und darin weder ein Problem noch einen Widerspruch sehen“.

 

Aufklärung soll helfen

 

Auch in Deutschland leben homosexuelle Muslime. Wie ihre Glaubensgenossen in Nordafrika haben auch sie mit Vorurteilen zu kämpfen: „In letzter Zeit haben uns verstärkt Berichte von Muslimen erreicht, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in der muslimischen Community diskriminiert werden. Dies geht sogar so weit, dass sie vom Gebet oder Moscheebesuch ausgeschlossen werden“, berichtet Annika Mehmeti vom Liberal-Islamischen Bund (LIB). Dabei gebe es durchaus unterschiedliche Ansichten über die Vereinbarkeit von Islam und Homosexualität.

 

Die Ablehnung jeglicher homosexueller Handlungen wird meist mit der sowohl im Koran als auch in der Bibel enthaltenen Geschichte Lots religiös begründet. Doch an der Eindeutigkeit dieser Textpassagen und ihrer Aussagen hegen einige wenige liberale Muslime und Islamwissenschaftler durchaus Zweifel.

 

Das Anliegen des LIB, dem die Autorin und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor vorsitzt, ist klar: „Wir möchten für mehr Akzeptanz im Umgang mit unseren Glaubensgeschwistern werben“, so Mehmeti. Das Thema bewegt die Muslime in Deutschland offenbar: Am 6. Dezember veranstaltet der LIB eine Diskussion über „Homosexualität und Gendervarianz im Islam“ in Köln – kurz nach Bekanntgabe waren sämtliche Plätze bereits ausgebucht.

 

Die Ambitionen des LIB sind groß: „Vor allem erhoffen wir uns die Erkenntnis, dass ein entspannterer Umgang mit Homosexualität unter Muslimen stattfindet“, sagt Annika Mehmeti und fügt hinzu: „Nur Gott kann über uns richten, jedoch keine Menschen, die ihre Vorbehalte zumeist nur auf traditionsbehaftete Ablehnung stützen“. Auf diese Erkenntnis hoffen auch Mohamed Sherif, Ludovic-Mohamed Zahed, Ishaq Nouri und Millionen andere homosexueller Muslime.

 


Vom Saulus zum Paulus?

 

Ich kann schon verstehen, wenn ein verheirateter Mann sich nach langer Zeit des Zweifels und des Nicht-wahr-haben-wollens sich irgendwann nach Jahren zu seinem Schwulsein bekennt. Ich kann auch noch nachvollziehen, wenn der Mann zweimal eine Frau heiratet und sich zweimal schneiden lässt, um dann mit einem Mann zusammen zu sein. Stark irritierend ist für mich, dass dieser Mann jahrelang als „Homo-Heiler“ gearbeitet hat und somit viele Schwule unnötig gequält hat.

 

Dazu gab es nun einen Artikel vom 19.11.2014 von Michael Pfeffer auf der Internetseite http://www.GGG.at  unter folgendem Link:

 

http://www.ggg.at/index.php?id=62&tx_ttnews%5Btt_news%5D=6700&cHash=577711c63b211497ade81b21b9db131c

Ehemaliger 'Ex-Gay'-Anführer heiratet - einen Mann

John Smid kämpft nun gegen 'Homo-Heilung' und für Ehe-Öffnung

  

John Smid hat früher die „Ex-Gay“-Gruppe „Love in Action“ angeführt. Nun hat er zum dritten Mal geheiratet: Einen Mann.

 

Vor sechs Jahren ist Smid als Chef von „Love in Action“ zurückgetreten. Drei Jahre später hat er zugegeben, dass es nicht möglich sei, Menschen von ihrer sexuellen Orientierung zu „heilen“ - und sich gleichzeitig als schwul geoutet. Er sagte dabei, dass er in den 1980ern vor seiner Konvertierung zum gläubigen Christen, nach dem Scheitern seiner ersten Ehe, bereits als offen schwuler Mann gelebt hatte.

 

Am Wochenende hat er in Oklahoma seinen Partner Larry McQueen geheiratet - 35 Minuten Fahrt von seiner Heimatstadt Paris in Texas entfernt, wo die Ehe noch nicht für schwule Paare geöffnet ist. Im Jahr 2011 hat er sich von seiner zweiten Frau scheiden lassen und ist nach Texas gezogen, um mit McQueen zusammenzuleben.

Für die „Ex-Gay“-Bewegung ist das Leben von John Smid ein herber Rückschlag. Denn er war lange ein leuchtendes Beispiel dafür, dass man Homosexualität „heilen“ könne. Er heiratete eine Frau und war elf Jahre im Vorstand von „Exodus International“, der führenden Gruppe dieser Bewegung. Sie schloss im Juni 2013 ihre Pforten, nachdem ihr Präsident Alan Chambes sich für den Schaden entschuldigt hatte, den sie verursacht hatte.

 

Und auch Smids Gruppe „Love in Action“ kam in die Schlagzeilen, als ein 16-Jähriger, der im Jahr 2006 von seinen homophoben Eltern zu einer „Therapie“ gezwungen wurde, auf MySpace über seine Behandlung bloggte. Das führte zu einem öffentlichen Aufschrei, und auch andere Menschen sprachen darüber, wie Smid sie von ihrer Homosexualität „heilen“ wollte.

 

Mittlerweile dürfte sich seine Einstellung gewandelt haben. In der Vergangenheit hat er sich mehrmals dafür entschuldigt, einer der Anführer der „Ex-Gay“-Bewegung gewesen zu sein. Bei denen, die an den „Love in Action“-Programmen leiden musste, wollte er den Schaden, soweit möglich, selbst beseitigen helfen. Mittlerweile setzt er sich auch für ein Verbot von „Konversionstherapien“ ein, die Lesben und Schwule „heilen“ sollen.

 

Auf Facebook schrieb er über seine Ehe mit McQueen: „Ich habe diese Woche verstanden, dass meine Beziehung mit Larry ein Spiegel ist, in den ich jeden Tag sehe. Einen Großteil meines Lebens habe ich in diesem Spiegel meine Fehler und Verfehlungen gesehen. Das Spiegelbild, das ich heute mit Larry sehe, zeigt mir die positiven Dinge in meinem Leben, meine Stärken, Gaben und Talente. (…) Zu diesem Zeitpunkt erkennt die Bundesregierung unsere Zivilehe an, unser Heimatstaat Texas tut das nicht. Wie auch immer - wir hoffen, dass Texas bald unsere Ehe als rechtmäßig und legal anerkennt.“


Ein Artikel aus dem Gaypeople-Magazin, Ausgabe Dezember 2010

Auf den richtigen Moment kam es an

Ricky Martin erzählt über sein Coming-out

 

Im Frühjahr wurde es offiziell, was viele schon längst geahnt hatten. Latino-Sänger Ricky Martin (38) outete sich im Internet und setzte der Geheimniskrämerei ein Ende. Nach einigen Monaten spricht er nun offen über sein verspätetes Coming Out. „ich wusste schon lange wer ich war und wie ich tickte. Ich fühlte mich wohl in meiner Haut und wartete auf den richtigen Zeitpunkt, auch der Öffentlichkeit von meiner Homosexualität zu erzählen. Ich wusste nicht, ob ich es in einem Song thematisieren, ein exklusives Interview geben oder ein Buch darüber schreiben würde. Oder es eben über Twitter zu vermelden, wie ich es dann schließlich gemacht habe. Ich denke, jeder muss seinen eigenen Weg finden, bis er soweit ist, sich erhobenen Hauptes vor den Spiegel stellen zu können, sich selber anzuschauen und zu sagen ,das bist du!’. Du musst dich darüber freuen und einfach stolz auf dich selbst sein.

 

Ein weiterer entscheidender Grund für sein Outing waren aber auch seine beiden Söhne Matteo und Valentino, die 2008 von einer Leihmutter auf die Welt gebracht wurden. Ihm war klar, dass es als Vater seine sexuelle Orientierung auf Dauer nicht verbergen könne. „Hätte ich meinen Kindern etwa das Lügen beibringen sollen? Nein, so wollte ich meine Jungs auf keinen Fall erziehen.“ Wer noch mehr über Ricky Martins sexuelle Selbstfindung wissen möchte, kann sich seine gerade auf Englisch und Spanisch erschienene Autobiographie „Me“ zulegen.

 

 

Erstellt im Dezember 2010